Drei Jahre Robot Wealth: Meine Erfahrungen

Seit mittlerweile drei Jahren bin ich Mitglied bei Robot Wealth, was wohl schon für sich spricht: Ich persönlich ziehe aus der Mitgliedschaft einen entsprechenden Mehrwert.

Einleitend kann ich sagen, dass Robot Wealth für ambitionierte Hobby- oder semiprofessionelle Anleger, die ein Interesse an quantitativen Strategien haben, meiner Meinung nach ein empfehlenswerter Service ist. Ideal wären Vorwissen und Interesse an den Bereichen Statistik, Quant-Investing und selbstverständlich Finanzprodukten.

Ausführliches Review folgt

Ein ausführlicheres Review folgt, hier möchte ich anlässlich des erneut anstehenden Bootcamps meine Erfahrungen aber knapp zusammenfassen. Fragen kann ich auch gerne in den Kommentaren beantworten.

Robot Wealth: Pro

  1. Inhaltlicher Anspruch: Diskussionen und Kursinhalte sind von hoher fachlicher Qualität.
  2. Kompetente Community: Anhand der Vorstellungen auf Slack besteht die Mehrheit der Mitglieder anscheinend aus Akademikern oder verfügt über einen beruflichen Hintergrund im Finanzbereich.
  3. „Low noise“: Mit nahezu 600 Mitgliedern auf Slack (ob das die tatsächlich noch aktiven Mitgliederkonten sind, kann ich nicht sagen) könnte man eine Flut an Beiträgen erwarten. Tatsächlich aber ist die Kommunikation eher knapp und zielgerichtet. Man merkt, dass die meisten Mitglieder Slack nicht zum Zeitvertreib nutzen möchten, weshalb es dort trotz der Anzahl an Mitgliedern oft eher ruhig ist. Generell ist die Community sehr höflich, was ich teils schon anders erlebt habe. Hier werden zwar von James und Kris Ideen und (selten) auch konkrete Trades geliefert, aber ich habe den Eindruck, jedes Mitglied versteht, dass man für die Umsetzung am Ende selbst verantwortlich ist.
  4. Slack als Informationsquelle: Durch die Community erhielt man rechtzeitig Infos über die bevorstehende Pleite von FTX oder die Besteuerung von PTPs. Diese Informationen ließen sich zwar auch auf anderem Weg auftreiben, aber ich persönlich bin dort mehrmals auf wichtige Dinge aufmerksam gemacht worden.
  5. Viel Material: Sämtliche Kursmaterialien, auch ältere, bleiben dauerhaft zugänglich, was besonders für Neumitglieder interessant ist, da man sich somit aussuchen kann, mit welchem Thema man nach dem Bootcamp weitermachen möchte.
  6. Kontinuierliche Updates: Mit regelmäßigen Webinaren alle ein bis zwei Wochen wird das Angebot kontinuierlich erweitert und aktualisiert. Es besteht also kein Mangel an intellektuellen Anreizen.
  7. Kollaborative Werkzeuge: Es gibt ein „Lab“ für gemeinsame Projekte auf Basis von Github und Google Colab für R in der Cloud. Über ein R-Paket von Robot Wealth sind diverse historische Daten verfügbar. In einer Edge-Database werden Ideen für mögliche Strategien gesammelt, aktuell ca. 60, die im Lab analysiert werden können. Insgesamt könnte nach meinem Eindruck bei den Community-Strategien noch mehr Aktivität herrschen, aber zugegebenermaßen erfordern derartige Analysen einen hohen Arbeitsaufwand.
  8. Fokus auf R: Das mag persönlicher Geschmack sein, aber RW setzt für die statistischen Analysen, Backtesting etc. vor allem auf R und liefert dort häufig qualitativ hochwertigen Code.

Robot Wealth: Kontra

  1. Kosten des Bootcamps: Wo der faire Preis für solch einen Kurs anzusetzen ist, liegt im Auge des Betrachters. Zweifellos ist es aber eine Investition, bei der man sich sicher sein sollte, die nötige Motivation mitzubringen.
  2. Kosten für Verlängerungen: Verlängerungen der Mitgliedschaft kosten fast so viel wie das Bootcamp (ohne Gewähr, da die Preise sich ändern können). Dennoch habe ich meine Mitgliedschaft schon mehrmals verlängert, da die oben angeführten Vorteile es mir wert sind. Robot Wealth ist der einzige derartige Service, bei dem ich Mitglied (geblieben) bin.
  3. Mehr Aktivität im Lab wäre schön: Das Lab bietet großes Potenzial für kollaborative Arbeit. Aktuell ist die Beteiligung jedoch noch überschaubar, was schade ist, wenn man sieht, wie viel Mühe Robot Wealth hier investiert hat.

Robot Wealth: Neutrale Punkte

  1. Evidenzbasierte Ansätze: Wer sich für nicht-wissenschaftliche Handelsansätze wie die technische Analyse interessiert, wird hier kaum auf Gleichgesinnte stoßen.
  2. Fokus auf Fortgeschrittene: Die Community richtet sich implizit an ein eher fortgeschrittenes Publikum. Anfängerfragen, die Google beantworten könnte, sind eher fehl am Platz, auch wenn die Community sehr freundlich ist. Um den Webinaren und Kursinhalten gut folgen zu können, wäre es gut, wenn man mit grundlegenden Begriffen wie z.B. „Straddle“, „Autokorrelation“ oder „Perzentil“ etwas anfangen kann.
  3. Informationsflut für Neueinsteiger: Die Anfangsphase kann sich wie „Trinken aus einem Feuerwehrschlauch“ anfühlen. Fokussierung und schrittweise Umsetzung sind essenziell. Zudem ist es ratsam, sich selbst eine Datenbank mit wichtigen Links und Notizen aufzubauen.
  4. Kein „Get rich quick“: Weder würden James und Kris das versprechen, noch ist es der Fall. Die präsentierten Strategien laufen überwiegend ordentlich, das Ziel sollte aber eher ein langfristig erfolgreiches Portfolio unterschiedlicher Strategien als schneller Reichtum sein.
  5. Fokus auf „the simplest thing that works”: Anstelle gehypter, aber schwer interpretierbarer und implementierbarer Modelle, wie z.B. Deep Learning, setzt Robot Wealth in der Regel auf simplere, bewährte Methoden. Das Grundprinzip besteht darin, Nischen zu finden, in denen Privatanleger erfolgreich sein können.
  6. Flexible Kursstrukturen: Mittlerweile folgen die Kurse und Themen einem weniger festen Ablauf als früher. Stattdessen werden öfter spontan Themen eingeschoben, wie z.B. ein Kurs zu Data Engineering, oder auf aktuelle Ereignisse reagiert, z.B. mit einem „Armageddon“-Kurs anlässlich des Corona-Crashs.
  7. DIY-Ansatz: Robot Wealth bietet zwar eine Reihe an vorgefertigten Strategien, sieht sich aber eher als Ausbildungsservice, also „Hilfe zum DIY“. Nichts für Leute, die an die Hand genommen werden möchten und erwarten, dass Ihnen stets konkrete Trades mit Stückzahl etc. vorgegeben werden.
  8. Engagement erforderlich: Wer tiefer in die Materie eintauchen möchte, wird ein hohes Maß an Eigeninitiative und Arbeit investieren müssen. Für Interessierte ist das jedoch eher ein Ansporn als ein Hindernis.

Fazit

Bei Robot Wealth handelt es sich um einen Ausbildungsservice mit stetig wachsender Wissensdatenbank, gepaart mit einer reifen Community, die quantitative Ansätze der Kapitalanlage verfolgt. Während sicherlich der finanzielle und zeitliche Aufwand nicht zu unterschätzen ist, erhält man im Gegenzug ein Niveau an Expertise und Ressourcen, das schwerlich anderswo zu finden ist. Vor allem für diejenigen, die bereit sind, Eigeninitiative und Arbeitsaufwand zu investieren, kann sich eine Mitgliedschaft lohnen. Besonders interessant für Neueinsteiger ist der vollständige Zugriff auch auf frühere Inhalte. Man sollte jedoch nicht erwarten, eine große Anzahl an Strategien zum einfachen Kopieren vorzufinden, ohne selbst die Ansätze durchdacht oder angepasst zu haben.

Christian Thiele
Christian Thiele

M.A. International Economics

Christian interessiert sich seit dem DotCom-Boom Ende der 1990er für die Börse und nutzt hauptsächlich die Statistik-Programmiersprache R.

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